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 Bryan Ferry - Dylanesque

Quickie: CD-Review

Bryan Ferry – Dylanesque (2007)

Erscheinungsdatum: März 2007

 

ferry-dylanesque 

Trackliste:

 

1. just like Tom Thumb's blues

2. simple twist of faith

3. to make you feel my love

4. the times they are a-changin'

5. all I really wanna do

6. knockin' on heaven’s door

7. positively 4th Street

8. if not for you

9. baby let me follow you down

10. gates of Eden

11. all along the watchtower

Laufzeit: 43 Minuten

 

Weltentreffenaufeinander

 

Das musste ja so kommen! Früher oder später landet jeder bei ... Bob Dylan. Nun also auch der Dandy des britischen Rocks, Bryan Ferry. Ferry goes Dylan, wie es ja heutzutage heißt. Coverversionen einzuspielen war sich Bryan Ferry noch nie zu schade, aber um es außergewöhnlich zu machen, gibt es, wie der Albumtitel andeutet, nicht wie von diversen seiner Kollegen ein Sammelsurium eigener Favoriten diverser Künstler aus allen Jahrzehnten der Rock-Pop-Geschichte, sondern 11 ausgewählte Tracks von Bob Dylan. Zumindest personenbezogen eine weise Wahl, da kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler wohl ein größeres Portfolio im Laufe der Zeit zusammenschrieb, als eben dieser Robert Zimmermann, es also eine hinlänglich große Auswahl an Songs gab.

Ganz neu ist Dylan für Ferry ja eh nicht, hat er doch seine Karriere mit einer Version von a hard rain's a-gonna fall gestartet, it's all over now, baby blue schon seit je her eine seiner Nummern im Standardprogramm und andere Dylan-Songs wie z. B. don't think twice, it’s allright hat er auch schon vor längerem eingespielt.

Jetzt gibt es also 5 Jahre nach dem Album „frantic“ (auf welchem auch wieder einmal Dylan-Material bearbeitet wurde) ein komplettes Tributalbum.

 

Aber warum Cover? Paul Young singt Lieder anderer Komponisten/Interpreten nach, weil er diese Lieder schön findet, aber bis dato noch keine perfekten Versionen der Stücke gehört hat und diese besseren Varianten dann selber der Allgemeinheit präsentieren ‚muss’. Frei nach der Devise „so müssen diese Lieder klingen“. Isso.

Bryan Ferry, unzweifelhaft ohne diesen Vorsatz angetreten, geht es um die Würdigung des Künstlers und singt seine Versionen als Verbeugung vor diesem. Steht somit vor dem gleichen Scheideweg, wie auch alle anderen ‚Nachsinger’; entweder dicht am Original zu bleiben (um als „billiger Abklatsch“ verrissen zu werden) oder auf seine Art & Weise zu interpretieren (um andererseits von dem gleichen Kritiker für seine Songschändung, da ohne jegliches Gefühl für das Lied und vollkommen uninspiriert den Sinn der Meisterwerke entstellt zu haben, gescholten zu werden). Es mit einem Cover allen Leuten recht zu machen, ist noch keinem Künstler gelungen und wird es auch nicht. Auch keinem Bryan Ferry, der in dieser Hinsicht ja schon ein Veteran ist.

 

Warum Bob Dylan? An Ferry scheiden sich die Geister, an Dylan sowieso. Ferry + Dylan = ein totes Pferd durch die Reihen der Kritiker schleifen?

Trotz dieser rückwärtigen Verweise auf bisher eingespielte Dylan-Songs ist ein ganzes Dylan-Album selbst für Ferry ein Risiko, dem Sänger mit der markanten Stimme. Denn ihm kam es trotz der Verinnerlichung der Texte schon immer auf die perfekte musikalische Untermalung an, während bei Bob Dylan eindeutig die Texte im Vordergrund standen und stehen, während die Musik eben zu einem Lied dazu gehört, sonst wären es Gedichte. Somit war dieser Spagat eigentlich schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Dylan-Fans mögen keine glatt polierten Songs ihres Idols, während Ferry-Fans die Dylan-Songs eh als falsches Ausgangsmaterial ansehen, um von ihm (nach)gesungen zu werden.

 

Es gibt aber Gründe, diese CD doch gut finden zu können. Da ich selber kein Dylan-Purist bin (und wohl nicht einmal ein Bruchteil der "gefühlten" 1000 Songs von ihm kenne), hatte ich gleich drei gute Gründe, in dieses Album hineinzuhören:

1) Vielleicht entdecke ich wieder einmal neue Songs von Bob Dylan für mich.

2) Die Stimme von Bryan Ferry auf diesen Texten ist bestimmt interessant.

3) Bob Dylan schrieb so viele tolle Lieder, aber wie er sie dann singt, ist zumeist nicht mein Fall. Er ist einer der wenigen Künstler, die ich im Original so gut wie nie hören kann und eindeutig die Coverversionen bevorzuge - von denen es unbestritten schon mehr als genug gibt. (Unvergessen Manfred Mann's Earthband-Versionen von shelter fron the storm & Mighty Quinn (Quinn the Eskimo), Guns'n'Roses’ knockin' on heaven's door, Billy Joels Variante von to make you feel my love, Paul Wellers treibende all along the watchtower-Einspielung, oder die gitarrenlastige von Jimi Hendrix, Joan Baez eindringliches blowin' in the wind, ... fast jeder hat schon einmal einen seiner Songs interpretiert.)

 

Nach dem Hören der CD war ich angenehm überrascht. Die entstandenen Aufnahmen sind ordentliche Interpretationen von mehr oder weniger bekannten Dylan-Songs. - Mehr kann man von einem Künstler nicht erwarten, der sich an Originalen versucht.

Natürlich hat Bryan Ferry mit dem vorliegenden Werk das Rad nicht neu erfunden und auch einige Songs sind in meinen Ohren nicht sonderlich gelungen, aber das interessante Experiment ist geglückt; Dylan durch die Augen von Ferry zu sehen. So könnten die Songs nämlich auch klingen. Ferry präsentiert weitere Songs von Dylan und es ist eben nicht nur eine Zusammenstellung bisheriger Dylan-Cover von ihm, denn alle angebotenen Lieder gab es (soweit ich weiß) bisher noch nicht von Bryan Ferry auf seinen Studioalben.

 

In ungewohnter Weise hält er sich dieses Mal jedoch zumeist relativ dicht an die Originale, was vielleicht der kurzen Aufnahmezeit von nur einer Woche (so will es die Legende) geschuldet ist, in welcher alle Songs eingespielt wurden. Dennoch ist unverkennbar der Stil von Bryan Ferry über die Texte gestülpt und das ist vielleicht das Problem der Platte, die somit trotz allem eher Ferryesque anstatt Dylanesque klingt.

Die Kritik an der Songauswahl ist indes von Ferry selbst verschuldet. Bei einigen Interpretationen v. a. der sehr bekannten Songs gibt es schon weitaus gelungenere, ergo gab es mitunter schon recht harsche Kritik an diesem Album; auch in der Kombination mit der knappen Spielzeit von nicht einmal 43 Minuten. (Zumal zum Teil auch noch einzelne Textpassagen/Strophen ausgelassen wurden, mit denen man die Songs noch hätte strecken können. Allerdings blieb dem gewillten Hörer die millionste Interpretation von ‚blowing in the wind’ erspart; vielleicht entschädigt das ja einige der potentiellen Käufer der CD.)

Invers zu Dylans ursprünglicher Intention wird hier, eben für Bryan Ferry typisch, die Musik in den Vordergrund gestellt, die Texte sind eh hinlänglich bekannt und werden schon lange nicht mehr vornehmlich als Sozialkritik verstanden. Dem folgend ist es eine technisch glatt eingespielte Platte geworden, die man nun sogar nebenbei hören kann und auch als unaufdringliche Bar-Musik herhalten würde. Für Dylan-Songs eine bisher eher gewagte These. Ob allerdings Bob Dylan diese Interpretationen gefallen würden, steht auf einem anderen Blatt. Mit revolutionären Aufrüttlungsgedanken haben diese Songs nunmehr wenig zu tun. Es wird aber auch nicht die Aussageabsicht von Ferry gewesen sein, dazu spielt & singt er sich zu leicht, locker und unbeschwert (oberflächlich?) durch die Songs. Beschwingt & ausgeglichen geht es da beispielsweise bei knockin' on heaven's door zur Sache. - Quasi Dylan light, ohne nachzudenken.

 

Fazit: Kurzweilige (und leider auch recht kurze) 43 Minuten warten auf den gewillten Hörer der CD, die vor allem für Leute geeignet ist, die entweder die Stimme von Bryan Ferry mögen, Bob Dylan Songs (aber nicht von ihm vorgenuschelt) oder Coverversionen allgemein etwas abgewinnen können.

 

Anspieltipps: twist of faith / if not for you / gates of Eden

 

l.j. (lars@lonereviewer.de)

 

LR-Punkte: 7 / 10

 

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